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8 Jul 2015

Überarbeitung des Gewährleistungsrechts! Handwerker werden deutlich benachteiligt?

Die Thematik wird im Artikel der „Glaswelt“ gut beschrieben und wie ZDH und BVZ dagegen wettern.

Zurecht, wie ich denke.

Aber, sieht die tägliche Praxis bis dato anders aus? Doch eher nicht!

 

Erst kürzlich hatte ich folgenden Fall:

Fensterfirma liefert und baut Fenster ein. U.a. ein grosses Festelement im Wohnzimmer. Die Glasscheibe wurde aufwendig mit Kran und mobilem Saugegerät eingebracht. Gesamt sehr gute Arbeit vom einbauenden Betrieb geliefert. Dann stellt sich bei den Reinigungsmaßnahmen heraus, dass die große Scheibe, ausgerechnet auf Augenhöhe, Oberflächenkratzer konzentriert aufzeigt. Die Kratzer und deren Art weisen allerdings nicht auf einen mechanischen Schaden hin, welcher durch ide Montage hätte entstehen können.

Um es genauer zu prüfen, hätte ich die Scheibe ausbauen (und zerstören) müssen. Die Fensterfirma steht zwar in der Bringschuld, weißt aber nicht fachgerechten Umgang mit der Scheibe von sich. Der Betrieb ist ist allerdings bemüht den Kunden zufrieden zu stellen und zitiert den Glashersteller dann zu einem Ortstermin.

Zwar war mir schon klar, wie dieser Termin ablaufen wird, trotzdem habe ich mir das „Schauspiel“ angeschaut. Wollte ja schließlich wissen, wie der „Fachmann“ vom Glashersteller dieses eher ungewöhnliche Kratzerbild bewertet. Ich wurde in meiner Einschätzung nicht enttäuscht.

Erst fing der „Fachmann“ an wie wild auf der Scheibe rumzuwischen… vielleicht in der leisen Hoffnung, die Kratzer würden verschwinden. Dann schaute er aus allen möglichen Winkeln sich die Scheibe an. Des Weiteren fing er dann an digitale Bilder zu machen… und schaute diese mit kritischem Auge auf seinem Fotodisplay an.

Und dann seine vollkommen überraschende Antwort: „Eine Scheibe mit diesem Fehler hätte unser Werk so nie verlassen. Daher können wir auch keinen Handlungsbedarf sehen!“

Nun, ich werde an einem Ortstermin nie zickig, hier aber schon! Ich stellte die Frage, wie er sich dieses Schadensbild erklärt? Die Antwort war wie vermutet: „Das kann ich Ihnen nicht sagen, vom Werk wurde das so nicht produziert!“ Da war es bei mir rum!! Ich stellte nochmals die Frage, „wie er sich als Fachmann ein solches Schadensbild erklärt?“… da aber keine Antworten mehr, ausser denen, welche er von seinem Arbeitgeber vorgegeben bekommen hat.

Nun doch etwas wütend fragte ich den Fachmann: „Warum wir uns zu einem Ortstermin treffen, wenn dem Hersteller doch klar ist, dass er nicht verantwortlich scheint?“ … und dann kam nur noch die einstudierte Wortblase „wir liefern so eine Scheibe nicht aus blablabla“.

Und nun? Richtig. Die Fensterfirma bleibt nun auf allen Kosten sitzen.

Was kann man der Fensterfirma vorwerfen? Sicherlich, dass die Scheiben nicht bei Anlieferung kontrolliert wurden. Allerdings weiß jeder, dass dies teilweise garnicht möglich ist, wenn die teils großen Lieferungen auf den Glasböcken eintreffen. Bis 10 Scheiben ist das noch möglich, darüber hinaus besteht immer die Grundhoffnung, dass der Hersteller schon „sauber“ geliefert hat.

 

Also, was wird sich denn nun negativ für den Handwerksbetrieb ändern, was nicht eh schon gängige Praxis ist?

 

 

7 Jul 2015

Toleranzen im Hochbau!

Zu der entsprechenden deutschen Norm DIN 18202, habe ich im März/April diesen Jahres, 2 Beiträge in der Fachpresse veröffentlicht.

Im 1. Beitrag geht es um das bewusste Anrampen von Bodenbelägen (hier Parkett), weil die Estrichhöhenmaße nicht auf die Stärken der angrenzenden Werksteinbeläge angepasst war. Um die sehr hohen Kosten für die Angleichung der Böden zu vermeiden, wurden auf 1 Meter die Flächen „angespachtelt – angerampt“. Ein sehr streitbares Thema, wie man in diesem Fallbeispiel sehen kann. Zum Fachbeitrag!

Im 2. Beitrag geht es grundsätzlich um die normativen Grenzwerte der Toleranzen im Hochbau. Sind diese noch zeitgemäß; welche „Mängel“ können entstehen, trotz normgerechter Ausführung… Zum Fachbeitrag!

 

 

 

11 Jun 2015

Keine Haftung des Verkäufers für fehlerhafte Angaben in Energieausweisen

OLG Schleswig, 13.3.2015 – 17 U 98/14
Die bloße Aushändigung eines Energieausweises durch den Makler führt nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 BGB.

Der Beklagte beauftragte in 2009 einen Makler das Grundstück samt Haus Baujahr 1934 zu veräußern. Er ließ einen Energieausweis ausstellen und überreichte ihn dem Makler. Letzterer gab den Energieausweis, kurz vor dem Abschluss des Kaufvertrags im Februar 2011, an den Käufer weiter. Nach dem ersten Winter

17 Apr 2015

RAL-Montage

Immer wieder findet man in Angeboten von Handwerksbetrieben die Bezeichnung „RAL-Montage“ oder „Einbau nach RAL“. Besonders im Bereich Fenster und Türen.
Es soll dem Kunden vorgetäuscht werden, dass die Montageleistungen ganz besondere Qualitäten aufweisen. Nicht selten

31 Mrz 2015

Hauskauf: Drum prüfe wer sich ewig bindet

Friedrich Schiller wusste schon im „Lied der Glocke“ zu berichten: „Drum prüfe wer sich ewig bindet – Ob sich das Herz zum Herzen findet.“
In Sachen Hauskauf trifft die Parodie auf diesen Vers (wird  Wilhelm Busch oder Bert Brecht zugesprochen), genauer zu: „Drum prüfe wer sich ewig bindet – ob sich nicht was Bess´res findet.“

Kaum ein anderes Ereignis… wie eine Eheschließung… wird mit soviel Emotionen und Leidenschaft begangen, wie der Kauf der eigenen 4 Wände. Vorstellungen an Größe, Lage, Aufteilung, Garten, Infrastruktur, Kaufpreis… Alles Faktoren, wenn diese den eigenen Vorstellungen entsprechen, um blindlinks in eine Immofalle

13 Mrz 2015

Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG-E

Für Unternehmer sind die §§ 34,35  des Entwurfs zum VSBG besonders zu beachten.

Unternehmer können grundsätzlich frei entscheiden, ob sie an Verfahren vor Verbraucherschlichtungsstellen teilnehmen wollen. Wenn sie sich dafür entscheiden, müssen sie ihre Kunden allerdings transparent über die Möglichkeit der Anrufung der Schlichtungsstelle informieren.

Hinweispflichten des Unternehmers:

Sofern der Unternehmer eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, muss er den Verbraucher darin in verständlicher Weise auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinweisen, bei der er sich zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren verpflichtet hat, oder ausdrücklich erklären, dass er zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren weder bereit noch verpflichtet ist.

Der Unternehmer muss diese Hinweise nach Entstehen einer Streitigkeit gegenüber dem Verbraucher schriftlich wiederholen.
3 Mrz 2015

Bauherren klagen über Mängel und Verzögerungen

Eine aktuelle Umfrage der Porsche Consulting GmbH im Auftrag des Marktforschungsinstituts Forsa!

Da habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich die groben Fakten der „unzufriedenen“ Bauherrschaften lesen durfte. Da aus meiner Sicht hier teilweise zu unrecht beklagt wird, möchte ich die „Ergebnisse“ einmal genauer beleuchten.

 

Zitat 1: „Jeder zweite Deutsche, der in den letzten fünf Jahren ein Haus gebaut oder eine neue Eigentumswohnung erworben hat, klagt über Mängel in der Ausführung.“

Für mangelhafte (Bau-)Leistungen tragen Bauherren ein Stück Mitverantwortung. Auch die extrem niedrigen Bauzinsen verleiten nicht, ein Stück weit mehr in Qualität zu investieren. „Mann“ will Topqualität zum niedrigsten Preis… und glaubt auch noch daran, dass dies funktioniert. Mal ehrlich: Jeder vernünftige Mensch weiß, dass man z.B. einen neuen Porsche Carrera nicht für 30.000 € käuflich erwerben kann. Das weiß der eigene Verstand. Allerdings bei Bauleistungen fängt der Verstand erst gar nicht an zu arbeiten. Aber wehe dem, wenn die Leistung nicht den eigenen (Qualitäts-)Vorstellungen entspricht. Nicht selten höre ich im Streitfall von Kunden, dass ihnen eigentlich schon bewußt war, dass die Leistung zu billig war…“ Da fehlen mir dann auch die Worte. Des Weiteren „spart“ der private Bauherr gerne auch mal an den Baubetreuungs-/ Bauleitungskosten. Viele Bauherrn übernehmen diese Leistungen in Eigenregie und stellen meist viel zu spät fest, dass man(n) dieser Aufgabe nicht gewachsen ist. Da liegt das Kind meist schon im Brunnen und die Suche nach den Schuldigen endet viel zu oft vor dem Richtertisch. Auch werden Zwischenabnahmen viel zu wenig in die Bauabläufe integriert und in der Vertragsgestaltung berücksichtigt. Allein hierdurch könnten Fehlleistungen noch kostengünstig korrigiert werden. Allerdings ein Kostenfaktor, welcher gerne eingespart wird.

Zitat 2: „Kritisiert wird außerdem die Unpünktlichkeit am Bau: Jedes fünfte Projekt wird nicht zum geplanten Termin fertig,…“

Nun, hier werden 2 ganz unterschiedliche Dinge in einen Topf geworfen. Unpünktlichkeit der Baufirmen ist das eine, die nicht fristgerechte Fertigstellung hat meist aber andere Gründe und mit einer Unpünklichkeit nichts zu tun. Da wären zum einen die Bauherren selbst, welche eine Finanzierung für die das neue Haus auf den Weg gebracht haben und natürlich ein Interesse haben, das neue Eigenheim so schnell wie möglich zu beziehen. Wer möchte schon gerne „unnötig“ weiter Miete des alten Heims bezahlen. Aus diesem natürlichen Eigeninteresse werden dann nicht selten viel zu kurze Bauzeitenpläne erstellt, welche das Paiper nicht wert sind auf dem sie stehen. Und leider werden die beauftragten Planer nicht selten ihrer Verantwortung gegenüber dem Bauherrn aber auch dem Handwerker nicht gerecht, indem versucht wird solche Zeitenpläne trotzdem einzuhalten. Das Ergebniss kennt man: Unzählige Überstunden bis zur Nachtarbeit an Baustellen. Diese Überbelastung hat einen erheblichen Anteil auf die Qualität und somit das Mängelrisiko (siehe Zitat 1) extrem steigt. Aber meistens mündet es darin, dass der zu kurz getaktete Bauzeitenplan nicht eingehalten werden kann.

Zitat 3: „Ebenso schwer wiegen unnötige Wartezeiten: 44 Prozent mussten Verzögerungen hinnehmen, weil die verschiedenen beteiligten Handwerksbetriebe nicht gut aufeinander abgestimmt waren.“

Eine gute Abstimmung zwischen Handwerksbetrieben ergibt sich aus einer professionellen Planung und die Zusammenstellung der beteiligten Firmen. Zeitliches Wunschdenken verhindet dieses aber oft. Kommt es zu einer Verzögerung in einem Gewerk, sind die nachfolgenden Firmen NEU zu koordinieren. Hier muss allerdings auch die eigenen Zeitplanungen der Handwerksfirmen berücksichtigt werden. Man kann als Bauherr nicht davon ausgehen, dass die Firmen täglich in den Startlöchern stehen und nur auf das GO warten. Grundsätzlich muss man anmerken, dass die Abstimmungsverantwortung nicht bei den Handwerkersfirmen liegt (dafür werden sie nicht bezahlt), sondern bei dem Planer/Bauleiter oder bei dem Bauherrn selbst, wenn er diese Leistung nicht beauftragt hat.

Zitat 4: „Unter den Streitigkeiten leidet das Image des deutschen Baugewerbes: 64 Prozent der Bauherren haben den Eindruck, dass es große Qualitätsunterschiede bei der Arbeit und der Kompetenz der Handwerker gebe…“

Auf vielen (meist größeren) Baustellen trifft die Bezeichnung „deutsches Baugewerbe“ nun wirklich nicht mehr zu. Zum einen bedingt durch EU-weite Ausschreibungen und Vergabe, aber auch durch Dumpingpreise „genötigte“ deutsche Handwerks- oder Baufirmen, welche sich nicht selten osteuropäischer Subunternehmer und deren Handwerker bedienen. Zwar lässt sich hieraus noch kein niedriger Qualitätsstandart ableiten, aber die Erfahrungen zeigen einen Tendenz eines geringeren Qualitätsniveaus. Dies zeigt sich u.a. durch fehlender Kenntnise deutscher Bauregeln und Baustandarts.

Fazit:

Die Unzufriedenheit der deutschen Bauherrn kann nicht allein auf schlechte Planungs- und/oder Handwerkerleistungen reduziert werden. Einen nicht unerheblichen Anteil zur eigenen Zufriedenheit haben die Bauherrn selbst in der Hand, wenn das anstehende Bauprojekt mit Verstand und Vernunft geplant und umgesetzt wird.

Meine Bauherren-Tipps:

  1. Lassen Sie Ihr neues Haus von einem versierten Architekten planen und den Bauablauf betreuen.
  2. Ein Bauzeitenplan sollte seriös erstellt werden. Jeder zeitliche Stressfaktor erhöht das Mangelrisiko.
  3. Nehmen Sie nicht das vermeindlich günstigste Angebot.
  4. Achten Sie darauf, dass sich die beauftragten Handwerker nach Möglichkeit untereinander kennen. Dies fördert die „Achtsamkeit“ der (Fremd-) Gewerke untereinander.
  5. Installieren Sie Zwischenabnahmen von einem neutralen Sachverständigen in den Bauablauf. Z.B. 1) nach Fundament; 2) nach Rohbauerrichtung; 3) nach Einbau Fenster/Türen/Installationen; 4) nach Innenputz/Estrich; 5) vor Aussenputz
  6. Lesen Sie zum Thema auch diesen Beitrag

 

26 Feb 2015

Bundesweites Interesse am Gieß-Seminar „Schimmelpilz im gerichtlichen Verfahren“

Das Seminar „Schimmelpilz im gerichtlichen Verfahren“ stößt gerade bei den Anwaltvereinen bundesweit auf sehr großes Interesse.

Aktuell kann ich gar nicht so schnell die Angebote schreiben, wie ich Anfragen per Mail erhalte.

 

Dass mit dem Thema der „Fortbildungsnerv“ in Sachen Schimmelpilz getroffen wurde, kann ich vom Seminar in Hamburg berichten:

Zu Beginn des 3. Teils des Seminars, bekommen die Teilnehmer ein echtes Fallbeispiel (inkl. Gutachten, mündlicher Verhandlung und gerichtliche Entscheidung) zu lesen. Es soll, anhand der neuen Erkenntnisse der vorangegangenen Seminarinhalten erörtert und bewertet werden.

Nachdem die Teilnehmer die Unterlagen durchgelesen hatten, ergab sich folgender sinngemäßer Dialog:

A.Gieß: „Bevor wir nun die Details gemeinsam besprechen, möchte ich gerne von Ihnen ein Stimmungsbild erhalten, wie Sie das Gutachten qualitativ einstufen würden“!

Unisono: „Kein gutes Gutachten“

1 Teilnehmer: „Miserabel“

2 Teilnehmer: „Sehr schlechtes Gutachten“

3 Teilnehmer: „… stimmt, aber das weiß ich erst jetzt, weil ich Ihr Seminar besuche“.

 

Interesse geweckt? Dann schauen Sie hier!

 

 

16 Feb 2015

Angebot freibleibend vs. freibleibendes Angebot

In der Baubranche ist es üblich, dass in Angeboten der Passus freibleibend oder freibleibendes Angebot beifügt wird. Sicherlich auch aus dem Hintergrund, dass ein Angebotsnehmer nicht 2 Jahre später auf Konditionen des Angebots zurückgreift.

Folgender Fall:

Ein Kollege von mir erstellt seine Angebote mit dem Passus „Hiermit übersenden wir Ihnen unser freibleibendes Angebot…“
Prompt bekommt er vom Angebotsnehmer die Antwort: „…Da Sie es als freibleibendes Angebot abgegeben haben, bin ich verpflichtet darauf schnell zu reagieren und lehne deshalb das Angebot ab.“

Es macht wohl rechtlich einen Unterschied ob man ein Angebot freibleibend, oder ein freibleibendes Angebot versendet.

Folgend ein Auszug von Juraforum.de

Die Klausel „freibleibend“ ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass derjenige der ein rechtliches Angebot nach § 145 BGB abgibt an das Angebot auch gebunden ist.  Der Zusatz bewirkt, dass sich die Person nicht an dem Angebot binden will. Vielmehr ist das abgegebene Angebot für den Empfänger als Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zu werten.

Allerdings ist ein freibleibendes Angebot nicht mit dem sogenannten  „invitatio ad offerendum“ gleichzusetzten. Die Person besitzt bei einem freibleibenden Angebot eine Reaktionspflicht. Demnach ist sie verpflichtet auf ein ihm zugehendes Angebt unverzüglich zu reagieren. Unterlässt die Person dies, dann ist sein Schweigen rechtlich als eine konkludente Annahme zu werten. Es kommt ein wirksamer Vertrag zwischen den beiden Parteien zustande.

Ich möchte bezweifeln, ob ein Angebotsgeber sich darauf schon berufen und hieraus Forderungen an den Auftragnehmer gestellt hat. Und wenn ja, ob ein Gericht einer Forderung entsprechen würde?

12 Feb 2015

Keine ordnungsgemäße Mängelrüge per E-Mail – Vorsichtig Haftungsgefahr

Einleitung:

Der E-Mail-Schriftverkehr erleichtert im Bereich der Bauabwicklung die tägliche Arbeit. Informationen sind – auch an mehrere Empfänger – schnell verschickt. Die Texte können einfach gespeichert und mit mobilen Geräten jederzeit und an jedem Ort abgerufen werden.
Der E-Mail-Schriftverkehr beinhaltet aber eine große Gefahr: Er ist nicht in jedem Falle rechtsverbindlich!
Wird dies nicht in ausreichendem Maße beachtet, können sich schnell Haftungsfragen ergeben. Dies ist immer dann der Fall, wenn es nicht nur um den Austausch von Informationen geht, sondern wenn wirksame Rechtsfolgen eingeleitet werden müssen, wie dies bei Mängelrügen nach § 13 VOB/B der Fall ist.

Schriftform beim VOB/B-Vertrag:

1. Die VOB/B weist in § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 die Besonderheit auf, dass eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung hat.

Das Landgericht Frankfurt/Main hat mit seiner Entscheidung vom 08.01.2015 – 2-20 O 229/13 – sehr deutlich gemacht, dass schriftliche Mängelanzeigen den Erfordernissen der eigenhändigen Unterschrift unterliegen.

Der Leitsatz lautet wie folgt:
„1. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung.

2. Eine schriftliche Mängelanzeige unterliegt dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift.

3. Eine Mängelanzeige nur per E-Mail hat in der Regel mangels eigenhändiger Unterschrift keine verjährungsverlängernde Wirkung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, es sei denn, es liegt eine qualifizierte elektronische Signatur vor (BGB § 126 Abs. 3, § 126a).“
In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall ist die Mängelanzeige nur per E-Mail erfolgt. Eine solche Mängelrüge erfüllt die Erfordernisse an eine schriftliche Mängelanzeige im Sinne des § 13 VOB/B nicht!

Etwas Anderes gilt nur dann, wenn die E-Mail mit einer qualifizierten elektronischen Signatur verschickt worden ist (§ 126 Abs. 3, § 126a BGB).
Da im streitigen Fall eine solche qualifizierte Signatur nicht verwendet worden ist, ist die Klage wegen Eintritt der Verjährung abgewiesen worden.
Mängelrügen per E-Mail erfüllen grundsätzlich nicht die Anforderungen an eine schriftliche Mängelanzeige!

 

2. Die VOB/B schreibt auch in anderen wichtigen Bereichen die Schriftlichkeit vor.

2.1 Behinderung und Unterbrechung der Ausführung

Behinderungsanzeigen sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VOB/B schriftlich zu erheben. Auch hier gilt, dass eine Anzeige per E-Mail mangels eigenhändiger Unterschrift dem Schriftformgebot nicht entspricht. Wird dies nicht beachtet, kann das erhebliche Konsequenzen für die Durchführung des Vertrages haben.
Die Behinderung gilt im Zweifel als nicht geltend gemacht.

2.2 Kündigung durch den Auftraggeber (§ 8 VOB/B) und Kündigung durch den Auftragnehmer (§ 9 VOB/B)

Kündigungen sind schriftlich zu erklären (§ 8 Abs. 5 VOB/B und § 9 Abs. 2 VOB/B). Zur Schriftform gehört die eigenhändige Unterschrift!
Kündigungen per E-Mail ohne qualifizierte Signatur genügen nicht der Schriftform und sind damit rechtsunwirksam.

2.3 Förmliche Abnahmen

Förmliche Abnahmen sind zu protokollieren und schriftlich niederzulegen (§ 12 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B).
Auch hier bedarf es zur Herbeiführung einer eindeutigen Beweislage der eigenhändigen Unterschrift der Beteiligten.

Alle Schriftstücke, die erhebliche Auswirkungen auf die Vertragsabwicklung haben und denen im Rahmen einer Auseinandersetzung beweiserhebliche Bedeutung zukommt, sollten nicht per E-Mail übermittelt werden.

Dazu gehören z. B.:

– Fristsetzungen (Ausführungsfristen und Zahlungsfristen)

– Kündigungsandrohungen

– Vertragsstrafenandrohungen

– Bedenkenanmeldungen

Es gilt folgender Grundsatz:

Eindeutig und beweiswirksam sind Schreiben auch in der heutigen Zeit nur, wenn sie eigenhändig unterschrieben und nachweislich mit der Post zugestellt worden sind!
Schriftform beim BGB-Werkvertrag:

Das BGB kennt im Gegensatz zur VOB/B keine verjährungsunterbrechenden Mängelrügen. Für Bauwerke gilt generell eine Verjährungsfrist von fünf Jahren ab Abnahme.

Für alle anderen Bereiche der Vertragsabwicklung sind die zur VOB/B dargetanen Grundsätze.

 

Nachstehend ein Auszug aus der Entscheidung des LG Frankfurt – 2-20 O 229/13:

LG Frankfurt/Main 8.1.2015 2-20 O 229/13

1. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung.

2. Eine schriftliche Mängelanzeige unterliegt dem Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift.

3. Eine Mängelanzeige nur per E-Mail hat in der Regel mangels eigenhändiger Unterschrift keine verjährungsverlängernde Wirkung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, es sei denn, es liegt eine qualifizierte elektronische Signatur vor (BGB § 126 Abs. 3, § 126a). BGB §§ 126, 126a VOB/B § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2

 

Aus den Gründen:
….
Die Parteien haben in § 16.1 vertraglich eine zweijährige Verjährungsfrist für die streitgegenständliche Anlage vereinbart. Da die Abnahme am 11.08.2010 erfolgte, war das Mangelbeseitigungsverlangen vom 17.05.2013 nach Ablauf der Verjährung und konnte diese daher nicht mehr unterbrechen. Ein früheres wirksames Mangelbeseitigungsverlangen liegt nicht vor, insbesondere auch nicht in der E-Mail vom 05.08.2011.

Zum einen genügt der Inhalt der E-Mail den Anforderungen an eine wirksame Mängelanzeige nicht. Es ergeben sich daraus nicht Art und Umfang etwaiger Mängel. Allein die Formulierung, „die KM2 hat keine Störungsanzeige im Display, läuft aber nicht an“ ist keine hinreichende Beschreibung der Mangelerscheinung ihrem äußeren Erscheinungsbild nach. Auch der anschließende Vor-Ort-Termin hat keine weiteren Erkenntnisse gebracht, so dass unklar war, welche Mängel an ihrer Leistung der Beklagten vorgeworfen werden sollten.

Zum anderen ist die Mängelanzeige nur per E-Mail erfolgt. Die Parteien haben die Geltung der VOB/B vereinbart. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B hat nur eine schriftliche Mängelanzeige eine verjährungsverlängernde Wirkung. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift kann zwar nach § 126 Abs. 3 BGB durch die in § 126 a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden, setzt dann aber voraus, dass eine qualifizierte elektronische Signatur vorhanden ist, die vorliegend fehlt (vgl. hierzu OLG Frankfurt 4 U 269/11, Urteil vom 30.04.2012). Die VOB/B ist zwar kein Gesetz, ihre Regelungen haben aber quasi-gesetzlichen Charakter im Hinblick auf die Folgen der Nichteinhaltung. Hinzu kommt, dass die Parteien in § 20.4. des Vertrages geregelt haben: „Bei Änderungen oder Ergänzungen diese Vertrages ist aus Beweisgründen Schriftform unter Ausschluss der telekommunikativen Übermittlung (mit Ausnahme von Telefax) zu wählen.“ Dies macht den Willen der Parteien deutlich, dass soweit eine Schriftform vorgesehen ist, einfache E-Mails nicht ausreichen sollen, um eine wirksame Willenserklärung abzugeben (§ 127 Abs. 2 BGB).

 

Text/Verfasser:  RechtsCentrum.de GmbH;  Ginsterweg 13;  30890 Barsinghausen